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Für ein Mehr an Patientensicherheit

Warum brauchen wir Stationsapotheker?

Hannover, den 30.08.2017 – Die Versorgung von Patienten im Krankenhaus mit Arzneimitteln ist ein Hochrisikoprozess. Gemäß einer Studie der Europäischen Kommission beläuft sich die volkswirtschaftliche Belastung in Deutschland bei Krankenhausaufenthalten durch arzneimittelbezogene Probleme auf circa 4,94 Milliarden Euro. Die Kosten für Medikationsfehler werden seitens der Europäischen Kommission für 2016 von 294 Euro auf bis zu 5.689 Euro pro Patientenfall geschätzt.

Die Apothekerkammer Niedersachen befürwortet den Einsatz von Apothekern in der unmittelbaren Patientenversorgung als qualitätssicherndes Element zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Kommission „Krankenhausapotheken und Arzneimittelwesen“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hat bereits 1992 einen vermehrten Einsatz von Krankenhausapothekern und eine umfassende Beratung der Ärzte durch die Apotheker gefordert, um die Arzneimitteltherapie zu optimieren. Anlässlich der Pflegemorde in Oldenburg und Delmenhorst hat die Landesregierung eine Novellierung des Krankenhausgesetzes initiiert. Die Ergebnisse einer Krankenhausstudie des Instituts für Patientensicherheit der Universität Bonn von 2010 und 2015 identifizieren sogenannte Risikoschwerpunkte für die Patientensicherheit im Krankenhaus. Seit Jahren führen Schnittstellen und die Arzneimitteltherapiesicherheit diese Liste unverändert an.

Bessere Therapie, mehr Sicherheit und weniger Kosten
Viele Patienten, die in ein Krankenhaus eingeliefert werden, müssen wegen Vorerkrankungen bereits regelmäßig Arzneimittel einnehmen. Hinzu kommen die Medikamente, die im Krankenhaus wegen der akuten Erkrankung verschrieben werden. Damit sich die verschiedenen Arzneimittel in ihrer Wirkung nicht gegenseitig beeinträchtigen, sich schlimmstenfalls aufheben, ist eine genaue Abstimmung mit dem Patienten unerlässlich.

Im Krankenhaus kümmern sich Ärzte, Pflegekräfte und Apotheker darum, Patienten mit den erforderlichen Arzneimitteln zu versorgen. „Eine wirtschaftlich effektive und gleichzeitig sichere Arzneimitteltherapie kann aber nur erreicht werden, wenn Apotheker über die Arzneimittel-Logistik hinaus mit den Ärzten und Pflegekräften im Team zusammenarbeiten“, betont die Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, Magdalene Linz. „Ärzte und Apotheker sind zwei Heilberufe mit jeweils unterschiedlichen Stärken, die es zum Patientenwohl einzusetzen gilt.“ Es ist und bleibt Aufgabe des Arztes, Patienten zu untersuchen, Krankheiten zu diagnostizieren und Maßnahmen zur Behandlung festzulegen. Der Apotheker gewährleistet dann als Arzneimittelfachmann, dass die angeordneten Medikamente bei dem jeweiligen Patienten auch ihre beabsichtigte Wirkung bestmöglich entfalten können.

Risiken der Arzneimitteltherapie
„Jeder Patient ist individuell“, erläutert Linz. Bei einem jungen Mann mit Beinbruch wirken die Tabletten ganz anders als bei einer 80-jährigen Patientin mit Diabetes. Grundsätzlich müssen Dosierungen und Anwendungsformen bei jedem Patienten individuell bestimmt werden. Auch der richtige Zeitpunkt für die Einnahme des Medikaments ist für seine Wirkung entscheidend. Wird zum Beispiel ein Antibiotikum nicht in den richtigen Einnahmeintervallen eingenommen, drohen Resistenzbildungen und Reinfektionen. Die Behandlungsdauer erhöht sich und geht mit vermeidbaren Komplikationen einher. Bei einer engen Mitwirkung durch den Stationsapotheker können solche Defizite in der Versorgungsqualität spürbar reduziert werden. Durch eine bewusste Arzneimitteltherapie leistet der Stationsapotheker sowohl beim Arzneimittelverbrauch als auch beim besonderen Behandlungsbedarf einen positiven Beitrag.

Entlastung der Ärzte und Pflegekräfte
In Krankenhäusern, wo bereits Apotheker auf den Stationen aktiv sind, ist die Akzeptanz durch das medizinische und pflegerische Personal sehr hoch. Die ohnehin erhöhte Arbeitsverdichtung von Ärzten und Pflegekräften führt dazu, dass die Beratungskompetenz des Apothekers gern in Anspruch genommen wird. Dies betrifft insbesondere multimedikamentöse Behandlungen, bei denen gleich mehrere Arzneimittel erforderlich werden. Denn mit jedem weiteren Arzneimittel potenziert sich die Gefahr von Wechselwirkungen. Um diese zu minimieren, müssen intensive Gespräche im Dreier-Team geführt werden: behandelnder Arzt, Pflegepersonal und Apotheker. Der Arzt ordnet die medikamentöse Therapie an und behält die alleinige Therapiefreiheit. Der Apotheker gewährleistet die bestmögliche Umsetzung zur Optimierung der Arzneimitteltherapie.

Im internationalen Vergleich
„Nirgendwo in Europa gibt es so wenig Apotheker in Krankenhäusern wie in Deutschland“, erklärt Dr. Matthias Bohn, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen-Bremen des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker ADKA e.V.. Von circa 60.000 Apothekern in Deutschland sind nur 2.300 in den Krankenhäusern angestellt. Während in Großbritannien im Durchschnitt 4,4 Apotheker pro 100 Betten im Krankenhaus beschäftigt sind, gibt es in Deutschland weniger als 0,4. In Ländern wie den Niederlanden, den USA und Großbritannien legen Apotheker zusammen mit den Ärzten die Arzneimitteltherapie fest und sind sogar bei den Visiten anwesend. In den Krankenhäusern der USA gibt es 17,5 Apotheker pro 100 Betten. Die US-amerikanischen Apotheker errechnen jede Dosierung und stellen die Medikamente anhand von Listen mit Wechselwirkungen und den Vorgaben der Ärzte zusammen. Dies trifft in Deutschland nur in Einzelfällen zu. In den meisten Kliniken kommt der Apotheker nur zweimal im Jahr im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Begehungen auf Station. Dennoch ist bereits eine steigende Tendenz zur Implementierung von Stationsapothekern mit regelmäßiger Präsenz auch ohne bestehende gesetzliche Verpflichtung in deutschen Krankenhäusern zu beobachten.

Sicherheitsmängel beim Umgang mit Medikamenten
Wer sich mehr Sicherheit in Krankenhäusern wünscht, sollte auf eine Kombination von Technik und Fachpersonal setzen. Dies weisen anerkannte Sicherheitsanalysen wie HIMMS Analytics aus. Zudem erfordern auch immer mehr der neu entwickelten Arzneimittel einen anspruchsvolleren Umgang, um richtig angewendet auch den beabsichtigten Therapieerfolg gewährleisten zu können. Die Einführung einer elektronischen Verordnungssoftware Computerized Practitioner Order Entry (CPOE) ist bereits ein Gewinn an Sicherheit im Medikationsprozess, bleibt jedoch ohne die interaktive Plausibilitätsprüfung durch einen Apotheker als Arzneimittelfachmann unter dem erreichbaren Sicherheitsniveau zurück.

Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.000 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwirbt der Studierende Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie. Nach dem Staatsexamen erhält er eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung kann er eine öffentliche Apotheke führen. Als Spezialist für Gesundheit und Prävention berät der Apotheker seriös und unabhängig. Er begleitet den Patienten fachlich, unterstützt ihn menschlich und hilft ihm so, seine Therapie im Alltag umzusetzen.

Pressekontakt der Apothekerkammer Niedersachsen:
AzetPR
Andrea Zaszczynski
Wrangelstraße 111, 20253 Hamburg
Telefon 040 / 41 32 700, info@azetpr.com

Apothekerkammer Niedersachsen
Panagiota Fyssa
An der Markuskirche 4
30163 Hannover
Telefon: 0511 39099-0
Fax:       0511 39099-36
www.apothekerkammer-nds.de

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